Eberbacher Realschule geht viele neue Wege

Hauptschulabschluss ist bald auch an der Realschule möglich – Langsamere und leistungsstärkere Schüler werden gefördert

Eberbach. Seit im vergangenen Jahr die neuen Bildungspläne in Kraft getreten sind, hat sich auch in den Realschulen einiges verändert. In Eberbach gibt es bereits Neues für die Fünft- und Sechstklässler, seit diesem Schuljahr hat sich für Siebtklässler einiges getan, und ab dem übernächsten Schuljahr wird es die wohl größte Neuerung geben: Ab 2019/2020 können Schüler an der Eberbacher Realschule, neben dem Realschulabschluss nach der zehnten Klasse, auch den Hauptschulabschluss nach dem neunten Schuljahr erwerben.

Dieser ist dann natürlich auch mit einer Abschlussprüfung und dem dazugehörigen Zertifikat verbunden. Die derzeitigen Siebtklässler sind die ersten, die das betrifft. Für all’ diese neuen Maßnahmen gibt es laut Rektorin Regine Sattler-Streitberg und ihrem Stellvertreter Markus Hanke einiges mehr an sogenannten Poolstunden: „Wir haben Möglichkeiten erhalten, Differenzierungsangebote für langsamere und für leistungsstärkere Schüler anzubieten. Wir haben schon mehr Stunden – und in den nächsten Jahren wird weiter aufgestockt“. Sattler-Streitberg und Hanke betonen: „Wir müssen kein Kind mehr wegschicken.“ Das Kultusministerium verfolgte mit dem Konzept der „Stärkung der Realschule“ das Ziel, „der veränderten Zusammensetzung der Schüler und der damit verbundenen Unterschiedlichkeit in den Lernvoraussetzungen der Kinder gerecht zu werden“. Das bisherige hohe Niveau der Realschule solle auch an der Eberbacher Realschule beibehalten werden. Leistungsstärkere Schüler werden laut Sattler-Streitberg und Hanke nach wie vor auf den Übergang in berufliche Gymnasien vorbereitet – bislang nehmen jedes Jahr etwa ein Drittel aller Zehntklässler diese Möglichkeit wahr.
In der Orientierungsstufe (Klasse 5 und 6) geht es seit 2016 darum, „die Fähigkeiten der Kinder aus der Grundschulzeit aufzunehmen und sie ans Arbeiten in der Realschule heranzuführen“. Dabei werden alle Schüler auf dem Realschulniveau bewertet. Um „eine produktive Lernatmosphäre in den drei Kernfächern Deutsch, Mathematik und Englisch zu unterstützen“, haben sich in den vergangenen Jahren Übungsaufgabenstunden bewährt.
Am Ende der sechsten Klasse entscheiden die Eltern nach eingehender Beratung durch das Klassenleitungsteam (zwei Klassenlehrer), ob ihr Kind ab Klassenstufe 7 in einem etwas langsameren Lerntempo arbeiten soll und damit auch leichtere Aufgaben schreibt.
Sattler-Streitberg und Hanke: „Auf diese Weise kann es dann in Klasse 9 auf den Hauptschulabschluss vorbereitet werden oder gegebenenfalls in jedem Schuljahr wieder auf das normale Tempo zurückwechseln“. Alle anderen Kinder werden nach wie vor mit dem Ziel „Realschulabschluss“ unterrichtet. Zwischen der fünften und der sechsten Klasse gibt es kein Sitzenbleiben. „Unser Ziel ist, sowohl die leistungsschwachen als auch die leistungsstärkeren Kinder zu fördern“, so die beiden Rektoren weiter. Konkret bedeutet das ab Klasse 7 für leistungsschwächere Kinder eine Stärkung des Fundaments in Deutsch, Mathematik und Englisch: „Bei Bedarf gibt es jeweils eine weitere Stunde in einer Kleingruppe“. Leistungsstärkere Kinder können etwa am „bilingualen Geografieunterricht“ teilnehmen, um in einem weiteren Fach ihre Englischkenntnisse zu vertiefen. Auch im Fach Mathematik gibt es einen Kurs „Mathe plus“, in dem sich Schüler mit schwierigen mathematischen Lerninhalten beschäftigen. Ab dem 7. Schuljahr ist das Lernen auf demM-Niveau (mittleres Niveau, das zum Realschulabschluss führt) und auf dem GNiveau (grundlegendes Hauptschulniveau) möglich; „um jedem einzelnen Schüler besser gerecht zu werden“. Das ist in Gruppen innerhalb der Klassen oder in getrennten Klassen möglich. Am Ende der Klassen 7 und 8 wird anhand der Noten entschieden, auf welchem Niveau der Schüler weiterlernt. Ein Wechsel ist auch zum Halbjahr möglich.
Wiederholungen von Klassen auf dem M–Niveau sind möglich – wer sich auf das weitere Unterrichten auf dem G–Niveau entscheidet, kann in die nächsthöhere Klasse wechseln. Die Poolstunden werden dabei „gezielt für differenzierte und individualisierte Förderung eingesetzt“.
Regelmäßige „Lerncoachinggespräche“ durch das Klassenlehrerteam sollen seit dem laufenden Schuljahr den Kindern dabei helfen, „ihre eigenen Stärken zu erkennen und die nächsten Schritte zu reflektieren, um an ihren Schwierigkeiten zu arbeiten“. Die Eltern werden dabei miteingebunden. Außerdem gibt es viele Wahlkurse in den Klassenstufen 7 und 8 im musisch-künstlerisch-sportlichen Bereich. Unter anderem können die Schüler Graffiti, Tanzen, Hip-Hop, Artistik, Karate oder eine Bläserklasse wählen. Neu, und voraussichtlich nur in diesem Jahr angeboten, wird ein „Theater-/Filmprojekt“ (Bericht folgt).
In den Klassen 9 und 10 findet eine zielgerichtete Vorbereitung auf den Haupt- beziehungsweise Realschulabschluss statt. Die Hauptschulabschlussprüfung kann am Ende von Klasse 9, die Realschulabschlussprüfung am Ende von Klasse 10 abgelegt werden. Auch in Klasse 9 ist eine Trennung nach dem Lern- und Leistungsniveau möglich.
Neu ab dem kommenden Schuljahr ist zudem, dass die „unverbindliche Grundschulempfehlung“ (die verbindliche Grundschulempfehlung wurde vor sechs Jahren abgeschafft) zur Anmeldung in die Realschule mitgebracht werden muss. Sattler-Streitberg: „Wir reden außerdem mit jedem Kind vor der Anmeldung. Wir erklären dabei die Philosophie der Schule und erläutern, was wichtig ist“. Es wird sich an der Eberbacher Realschule noch mehr verändern: es gibt zahlreiche weitere Projekte, wie etwa „Erasmus plus“ oder Berufsorientierung, die Schülerfirma Serviento, Lesezentrum, Streitschlichter usw. Alles diene dazu, dass Kinder aus ihren Stärken Persönlichkeit entwickeln können.
Was als konstante Größe bleibt, ist das Schulprofil: „Der wertschätzende Umgang miteinander und die Kommunikation haben wir in den vergangenen zehn Jahren fest in das Schulleben verankert. Das ist auch weiterhin jeden Tag unser gemeinsames Ziel“, so Sattler-Streitberg und Hanke.


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